Wie du im Erwachsenenalter neue Freunde findest

Viele Erwachsene sehnen sich nach mehr Nähe und Freundschaft in ihrem Leben. Aber solche entstehen nichtmehr so leicht und automatisch wie es etwa zu Schulzeiten noch war. Glücklicherweise gibt es aber viele Arten, wie sich proaktiv neue Freundschaften aufbauen lassen.

Porträtfoto von Silvan Hornstein, Psychologe und Autor, der über Themen rund um Psychologie, soziale Gesundheit und Einsamkeit schreibt.
Dr. Silvan Hornstein
August 5, 2025
5 min read
Sozialer Ort in Bar in dem neue Freundschaften entstehen können

Warum es im Erwachsenenalter schwerer fällt, neue Freunde zu finden

Viele Menschen stellen fest, dass das Knüpfen neuer Freundschaften mit zunehmendem Alter schwieriger wird. Tatsächlich erreichen wir um das 30. Lebensjahr oft den Höhepunkt unserer Freundesanzahl, danach schrumpft unser Netzwerk tendenziell, und es kommen seltener neue Bekanntschaften hinzu. Gründe dafür liegen zum einen in veränderten Prioritäten: Beruf, Partnerschaft und Familie rücken in den Vordergrund, während Freundschaften häufig eine niedrigere Priorität bekommen. Hinzu kommt Zeitmangel in der „Rushhour des Lebens“: Vollzeitjob, Kindererziehung oder andere Verpflichtungen lassen wenig Raum, um bestehende Freundschaften zu pflegen oder neue Menschen kennenzulernen.

Zeitgleich werden mit zunehmendem Alter häufig auch die Rahmenbedingungen für Freundschaften schlechter. Als Kinder oder Studierende waren wir ständig in Situationen mit gleichaltrigen Menschen, die dann sogar häufig noch unsere Interessen teilten. Genau solche häufige ungeplanten Begegnungen wurden immer wieder als zentral für das Entstehen von Nähe benannt. Die Konsequenz hiervon ist, dass Freunde finden im Erwachsenenleben zu einer AKTIVEN Tätigkeit wird, die bewusst vorangetrieben werden muss. Und auch sollte. Schließlich sind Freundschaften einer der wichtigsten Faktoren eines gesunden und glücklichen Lebens.

Was hilft wirklich, um neue Freunde zu finden?

Um aktiv neue Freundschaften aufzubauen hilft es, sich die zentralen Bedingungen hierfür nochmal anzuschauen. Zwei hiervon konnten wir bereits in dem Beispiel der Schule sehen: Begegnung und gemeinsame Zeit. Ein weiterer gut erforschter Faktor sind zudem soziale Kompetenzen.

1. Begegnung:

Menschen, denen wir häufiger begegnen, werden uns automatisch symphatischer. Das nennt sich Mere-Exposure-Effekt. Ein guter Startpunkt Freundschaften zu schließen ist es also zu überlegen, wem wir sowieso häufig in unserem Alltag begegnen. Es wird deutlich leichter sein mit diesen freundschaftliche Beziehungen aufzubauen.

2. Gemeinsame Zeit:

Studien zeigen: Es braucht rund 50 gemeinsame Stunden, damit Menschen sich gegenseitig als Freunde wahrnehmen. Zufällige Begegnungen allein reichen also nicht. Entscheidend ist, Zeit miteinander zu verbringen, etwa durch gemeinsame Aktivitäten. Weil Zeit im Alltag oft knapp ist, bietet es sich an, Freundschaft in Aktivitäten einzubetten, die man sowieso macht: etwa beim Sport, Kochen oder Spazierengehen.

3. Soziale Kompetenzen:

Gute Freundschaften entstehen dort, wo Menschen empathisch miteinander umgehen, gut zuhören können und sich auch mal öffnen. Wer eigene Gedanken oder Erlebnisse teilt und echtes Interesse am Gegenüber zeigt, baut schneller Vertrauen auf. Das Gute: Diese Fähigkeiten lassen sich trainieren. Studien zeigen, dass bereits kleine Veränderungen, etwa offener zu kommunizieren oder öfter nachzufragen, die Qualität sozialer Interaktionen deutlich verbessern können.

Konkrete Strategien für neue Freundschaften

Begegnung, Zeit und soziale Kompetenz sind die Grundlage. Aber wie lässt sich das ganz praktisch im Alltag umsetzen? Hier findest du konkrete, leicht umsetzbare Strategien, mit denen du aktiv neue Freundschaften aufbauen kannst.

1. Alltägliche Begegnungen gezielt nutzen

Konzentriere dich auf Menschen, denen du bereits regelmäßig begegnest: Kollegen, Nachbarn, Kursteilnehmer oder Stammkunden im Café. Ein einfaches "Wie war dein Wochenende?" oder eine Bemerkung zur aktuellen Situation reicht oft aus, um ein Gespräch zu beginnen. Diese natürlichen Berührungspunkte sind der einfachste Weg zu ersten Kontakten.

2. Konkrete Verabredungen treffen

Wage den Schritt vom Gespräch zur Verabredung. Schlage vor: "Sollen wir nächste Woche zusammen zu Mittag essen?" oder "Hast du Lust, die neue Ausstellung zu besuchen?" Regelmäßige Treffen vertiefen Beziehungen – nach einem gelungenen ersten Treffen kannst du bereits das nächste vorschlagen. Feste Termine wie ein wöchentlicher Spaziergang schaffen verlässliche Verbindungen.

3. Hobbys und Interessen als Brücken bauen

Melde dich bei Aktivitäten an, die dich wirklich interessieren: Sportkurse, Kochkurse, Buchclubs oder ehrenamtliche Projekte. Dort findest du Menschen mit ähnlichen Vorlieben und habt automatisch Gesprächsthemen. Gruppen mit regelmäßigen Terminen sind besonders wertvoll, da Freundschaften Zeit brauchen.

4. Verschüttete Kontakte wiederbeleben

Durchforste deine Vergangenheit: Welche Schulfreunde, ehemalige Kollegen oder Bekannte haben dir früher etwas bedeutet? Eine kurze Nachricht wie "Ich habe gerade an unsere gemeinsame Zeit gedacht – wie geht es dir denn?" kann überraschend positive Reaktionen auslösen. Oft ist es leichter, alte Verbindungen zu erneuern als völlig neue zu schaffen.

5. Smalltalk als Grundstein verstehen

Oberflächliche Gespräche sind nicht sinnlos – sie sind das Fundament für Vertrauen. Beginne mit einfachen Themen: aktuelles Wetter, gemeinsame Erlebnisse oder die Umgebung. Wichtig ist nicht der Inhalt, sondern die Bereitschaft zum Austausch. Mit jeder Übung wirst du sicherer und natürlicher.

6. Online-Plattformen strategisch nutzen

Apps wie Bumble BFF, lokale Meetup-Gruppen oder Facebook-Communities in deiner Stadt bringen dich mit Menschen zusammen, die ebenfalls neue Kontakte suchen. Der Vorteil: Alle Beteiligten haben das gleiche Ziel. Nutze diese Kanäle als Startpunkt für reale Begegnungen, nicht als Ersatz dafür.

7. Soziale Fähigkeiten bewusst entwickeln

Gute Gespräche entstehen durch aktives Zuhören und authentisches Interesse. Stelle Nachfragen, teile eigene Erfahrungen und zeige dich als Person. Beginne mit kleinen Schritten: eine persönliche Anekdote erzählen oder nach Details nachfragen. Je häufiger du dich in Gesprächen öffnest, desto leichter entstehen echte Verbindungen.

Fazit: Neue Freundschaft ist auch als Erwachsener möglich

Freunde zu finden ist im Erwachsenenalter kein Selbstläufer mehr, aber es ist möglich. Wer Begegnungen bewusst nutzt, gemeinsame Zeit schafft und soziale Kompetenzen einsetzt, legt den Grundstein für echte Nähe. Es braucht nicht viel, um den ersten Schritt zu machen: ein offenes Gespräch, ein konkreter Vorschlag, ein wenig Mut.

Vergiss nicht: Fast alle Menschen wünschen sich mehr Verbindung. Du bist mit diesem Wunsch nicht allein. Und oft reicht schon ein einziger Kontakt, um etwas in Bewegung zu setzen. Freundschaften entstehen nicht über Nacht, aber sie entstehen, wenn man dranbleibt.

Trau dich. Es lohnt sich.

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